(K)ein Thema für die Kleinen?

Nachricht Syke, Diepholz, Sulingen, 17. November 2016

Evangelische Kindertagesstätten empfehlen Eltern bei Fragen über den Tod Offenheit und eine Auswahl von Kinderbüchern

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Spielend übers Sterben sprechen – das gelingt in Familien am leichtesten mit Büchern. Diese Literaturauswahl empfehlen die Erzieherinnen aus den Evangelischen Kindertagesstätten in der Region Eltern und Kindern. Foto: Miriam Unger

KIRCHENKREIS (miu). In keiner anderen Lebensphase sind wir so offen und stellen freiwillig so viele Fragen zum Thema Tod und Sterben wie in der Kindheit. Trotzdem sind Eltern heute häufig unsicher: Können wir unseren Kindern sowas Schwieriges, Trauriges zumuten? Sollten wir sie nicht lieber schützen? Das Leben wird doch früh genug ernst...

Was sagen die Experten? Birgit Greve ist die pädagogische Leiterin des Evangelischen Kindertagesstättenverbands in den Kirchenkreisen Diepholz und Syke-Hoya. Unter dem Dach des Verbands arbeiten 20 inklusive Einrichtungen in Aschen, Barrien, Bassum, Diepholz, Dörpel, Drebber, Drentwede, Hassel, Hemsloh, Leeste, Lemförde, Nordwohlde, Scharringhausen, St. Hülfe-Heede, Sulingen, Syke, Wagenfeld und Weyhe.

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Birgit Greve, pädagogische Leiterin des Evangelischen Kindertagesstättenverbands.

„In allen Kindertagesstätten werden die Erzieherinnen und Erzieher mit dem Thema konfrontiert und gehen aktiv damit um“, sagt Birgit Greve. „Das geschieht nicht nur in persönlichen Gesprächen mit Kindern und Eltern, sondern auch in der kreativen Arbeit durch Malen, Basteln und Spielen oder durch Rituale wie Kerzen anzünden. Es gibt kleine Andachten. Und die Pastoren aus der Gemeinde kommen regelmäßig in die Tagesstätten.“

Ein gutes Mittel für Familien, sich dem Thema Tod kindgerecht zu nähern, sind laut Birgit Greve Kinderbücher. „Wir haben eine Auswahl von empfehlenswerten Büchern, die in unseren Einrichtungen zum Inventar gehören“ – und welche das sind, stellt die pädagogische Leiterin des Evangelischen Kindertagesstättenverbands hier vor:

 

„Abschied von Rune“ von Marit Kaldhol

Für eine Geschichte, die die meisten Menschen sprachlos machen würde, findet Marit Kaldhol in ihrem mehrfach ausgezeichneten Buch die richtigen Worte. Behutsam, aber deutlich erzählt sie von Sara und Rune, die allerbeste Freunde sind. Als die beiden zusammen am Wasser spielen, geschieht das Unfassbare: Rune ertrinkt. Sara muss lernen zu verstehen, was das bedeutet und sich von ihrem Freund verabschieden.

 

„Kommt mein Hamster in den Himmel, wenn er stirbt?“ von Jeremie Hughes

„Du, Mama? Was macht der liebe Gott eigentlich den ganzen Tag?“ „Papa, warum muss man sterben?“ Die ganz großen Fragen kommen meist in den alltäglichsten Situationen auf. Wer hat da schon immer gleich eine Antwort parat? Und dann auch noch eine gute? Dieses Buch ist eine Hilfe für Eltern mit neugierigem Nachwuchs. Der Autor hat einen Haufen Fragen von Kindern zusammengetragen, deren Beantwortung mehr Denkarbeit erfordert, als Erziehungsberechtigte in den paar Minuten an der Supermarktkasse oder vor vielen Zuhörern im überfüllten Bus gerade leisten können. Das Buch gibt kluge, kindgerechte Antworten, die sachlich richtig sind und Unbegreifbares greifbarer machen.

 

„Die besten Beerdigungen der Welt“ von Ulf Nilsson

Wer stirbt, der muss zum Abschied eine schöne Trauerfeier bekommen. Damit sein Leben noch mal so richtig gewürdigt wird. Das ist für die meisten Menschen selbstverständlich – aber wieso gilt das eigentlich nicht für alle Lebewesen? Ist es nicht ungerecht, dass tote Tiere oft einfach in der Landschaft liegen gelassen und nicht mehr weiter beachtet werden? Drei Freunde – Ester, Putte und der Ich-Erzähler – beschließen, das zu ändern. Sie gründen ein Beerdigungsinstitut mit einem ehrgeizigen Konzept: Sie wollen für die verstorbenen und vergessenen Tiere „die besten Beerdigungen der Welt“ ausrichten.
Ein Bilderbuch, das sich dem Thema Tod und Respekt vor einem gelebten Leben auf leichte, lustige Weise nährt, ohne dabei allerdings den Tiefgang zu verlieren.

 

„Julia bei den Lebenslichtern“ von Angela Sommer-Bodenburg

Julias Oma ist gestorben. Aber Julia versteht einfach nicht, was das bedeutet. Ihre Mutter spricht nicht darüber und verhält sich irgendwie ganz komisch bei dem Thema. Auch zur Beerdigung darf Julia nicht mit. Also geht sie ein paar Tage später alleine zum Friedhof, guckt sich das Grab ihrer Großmutter an und trifft einen Jungen, der mit dem gleichen Thema beschäftigt ist und ihr etwas Wunderbares zeigt.
Die Autorin – bekannt durch die Serie „Der kleine Vampir“ – setzt sich sensibel mit dem Abschiednehmen von einem geliebten Menschen auseinander und bietet den Lesern eine Phantasie an, die tröstet.
Gleichzeitig bestärkt das Buch Eltern darin, dass man Kindern durchaus etwas zutrauen kann und sollte, statt sie vor allem, was uns schwierig erscheint, zu schonen.

 

„Leb wohl, lieber Dachs“ von Susan Varley

Der alte Dachs war beliebt in der Tierwelt. Jetzt ist er nicht mehr da, und die anderen Tiere vermissen ihn. Sie suchen nach Wegen, ihre Traurigkeit zu überwinden und finden– jeder auf seine eigene Weise – eine Art, dem schlimmen Gefühl etwas Schönes entgegenzusetzen. Nämlich rinnerungen an die gemeinsame Zeit und an Momente, die nicht verschwinden können.

 

„Ich will etwas vom Tod wissen“ von Antoinette Becker

Ein Klassiker. 74 kurze Geschichten vom Tod und vom Leben, illustriert mit Schwarz-Weiß-Fotos. Der Schweregrad der Textstücke reicht von Kinder-Ideen wie „Unfall spielen“ bis zum tatsächlichen Todesfall in der Familie. Das Buch bietet nicht nur Erzählungen, Empfindungen und Erklärungen an. Es beschäftigt sich auch kindgerecht mit philosophischen Fragen wie etwa der Suche nach dem Jenseits.
Sogar das Schuldgefühl, das bei Todeswünschen entstehen kann, kommt vor. Genauso wie der Umgang mit dem absichtlichen Töten eines Lebewesens, beispielsweise eines Insekts. Die Fotos sind heute nicht mehr zeitgemäß, aber der Inhalt wird auch in 50 Jahren noch aktuell sein.
 

Miriam Unger