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Der „Tafel“-Macher ist tot

Nachricht 22. Februar 2022

Der Kirchenkreis trauert um Wolfgang Buchholz, der mit 83 Jahren gestorben ist

SYKE (miu). Er war das, was man norddeutsch „einen Kanten“ nennt – unverstellt, ehrlich, direkt, furchtlos und, wenn es sein musste, durchaus streitbar. Ein starker Charakter, der gerne klare Ansagen und kernige Sprüche machte und sich durchzusetzen wusste. Nun ist Wolfgang Buchholz aus Syke im Alter von 83 Jahren verstorben. Der Kirchenkreis Syke-Hoya trauert um das Original, das zusammen mit einem Kreis von Aktiven die „Syker Tafel“ aufbaute und lange als Sprecher ihr Gesicht in der Öffentlichkeit war.

Wer Wolfgang Buchholz in seiner Zeit bei der „Tafel“ erlebte, kann sich nicht vorstellen, dass dieser vor psychischer und physischer Kraft strotzende Mann als 16-Jähriger auf Arbeitssuche wegen seines körperlichen Zustands einmal weggeschickt wurde. Bergmann wollte er werden, aber dafür sei er zu dürr und zu schmächtig, sagte man ihm. So kam der unterernährte Junge aus Göttingen 1954 erst mal zum Aufpäppeln ins christliche Jugenddorf Adelheide (heute Wichernstift). Dort lernte er christliches Leben kennen – und seine Lebensaufgabe: für andere da zu sein, ihnen beizustehen und sich einzusetzen.

Er versuchte es noch mal mit der Arbeit unter Tage, aber da war ihm schon klar, dass etwas anderes seinen Weg bestimmen sollte: Seinen Glauben an Gott nicht nur zu predigen, sondern auch bei der Arbeit umzusetzen. Er wurde Diakon. Die Begegnungen auf der „Siechenstation“, wie man die Altenpflegeeinrichtung damals noch nannte; die Jugendlichen in Rotenburg, die Obdachlosen in Köln, die Hilfebedürftigen, die er als Diakon in Syke traf – die Stationen seines beruflichen Wegs bestärkten Wolfgang Buchholz noch mehr in seinem Tun.

„Solche Wundermomente“, sagt Dr. Jörn-Michael Schröder, Superintendent im Kirchenkreis Syke-Hoya, seien auch die Anfänge der „Tafel“-Arbeit gewesen: Hungrige Menschen, die im Gemeindebüro nach Unterstützung für Lebensmittel fragten, brachten Wolfgang Buchholz und eine Gruppe von anderen auf die Spur zu recherchieren, wie viele von derartiger Armut betroffene Menschen es in Syke gab. Etwa 1.000. So viele…

Und fast wie ein Wunder ging es dann ganz schnell: Die Aktiven fanden Mitstreiter und Sponsoren, suchten Geschäfte, die übrig gebliebene Lebensmittel zur Verfügung stellten, und Räume, in denen sie die Lebensmittelausgabe organisieren konnten. Zum Standort in Syke kamen die Ausgabestellen in Vilsen und Leeste hinzu. Wolfgang Buchholz hatte aus der engagierten Initiative in Windeseile eine gut strukturierte Organisation gemacht.

„Diese und viele andere Geschichten von Wolfgang Buchholz zeigen, dass sich in seinem Lebensweg der christliche Glaube und die eigene Erfahrung von Not verschmolzen haben. Und diese Verbindung führte ihn immer wieder dahin, wo Menschen Unterstützung brauchten. Er schaute genau hin und lenkte seinen Blick auf die, die leicht übersehen werden: Die Alleingelassenen, die Heimatlosen, die Armen“, erinnert sich Superintendent Schröder. „In der Art, wie er die Syker Tafel vertreten hat, spürte man immer, dass es für ihn eine Herzensangelegenheit war. Freundlich im Umgang, aber auch bestimmt und streitbar in der Sache, so hat er die Mitarbeiter zusammengehalten und motiviert und mit seinem Team  die Herausforderungen glänzend bewältigt.“

Vor vier Jahren zog sich Buchholz als Tafelsprecher zurück und ging mit knapp 80 Jahren auch in den ehrenamtlichen Ruhestand. Er hinterließ große und bleibende Spuren.

Wolfgang Buchholz starb am 17. Februar 2022.

Miriam Unger