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„Wir sind da, um mit den Betroffenen den ersten Schockmoment zu überwinden“

09. Februar 2024

Ursula Krafeld aus Brinkum und Eike Wieting aus Bassum sind die ersten ehrenamtlichen Notfallseelsorgerinnen im Kirchenkreis Syke-Hoya / „Gut ausgebildet für das, was da kommen wird“

„Wir fühlen uns gut ausgebildet für das, was da kommen wird“, sagen Eike Wieting aus Bassum und Ursula Krafeld aus Brinkum. Foto: Thorsten Runge

KIRCHENKREIS (tor). Wenn Menschen in einer Krisensituation seelische Unterstützung benötigen, dann kommen sie zum Einsatz: Die Mitarbeitenden der Notfallseelsorge. Ein kirchlich getragenes System, das flächendeckend und über konfessionelle Grenzen hinweg arbeitet. Seit mehr als 30 Jahren gibt es diese Hilfe offiziell in Deutschland. Die ausgebildeten Notfallseelsorger*innen werden im Einsatzfall über die Polizei, die Feuerwehr oder den Rettungsdienst angefordert.

Im evangelischen Kirchenkreis Syke-Hoya ist Pastor David Peter aus Bücken der Koordinator für die Notfallseelsorge im Gebiet.

Bisher haben sich ausschließlich die Pastor*innen die Bereitschaft zum Einsatz an 356 Tagen im Jahr und 24 Stunden am Tag aufgeteilt. Weil die Personaldecke aber dünner und der Fachkräftemangel im kirchlichen Bereich zunehmend stärker wird, suchen die Verantwortlichen im Kirchenkreis Syke-Hoya derzeit nach neuen Wegen, das wichtige Unterstützungsangebot aufrechterhalten zu können.

So sind mit Ursula Krafeld aus Brinkum und Eike Wieting aus Bassum jetzt erstmals zwei Ehrenamtliche in den Arbeitsbereich der Notfallseelsorge mit eingestiegen. Beiden ist diese Thematik nicht völlig neu. Ursula Krafeld arbeitet hauptberuflich als Koordinatorin im ambulanten Hospizdienst Stuhr. Eike Wieting ist ausgebildete Hospiz- und Sterbebegleiterin und als Gerontotherapeutin in einem Pflegeheim tätig.

Im Rahmen von Fortbildungen wurden sie auf ihre neue Aufgabe intensiv vorbereitet. „Ich hatte eigentlich gar nicht vor, mich aktiv in der Notfallseelsorge zu engagieren“, erzählt Ursula Krafeld. „Den Kurs habe ich zunächst als Ergänzung für meine Arbeit gesehen. Dann habe ich aber doch immer stärker gemerkt, dass diese Tätigkeit etwas für mich ist.“

Die 60-Jährige hatte bereits über Silvester ihre erste Rufbereitschaft. Angefordert wurde sie nicht. Eike Wieting hat ihren ersten Dienst noch vor sich. Aber noch in diesem Monat soll es an einem Wochenende so weit sein. „Ich fühle mich gut ausgebildet für das, was da kommen wird“, sagt die 50-Jährige.

Die beiden Notfallseelsorgerinnen sehen sich als diejenigen, die zusammen mit den Menschen den ersten Schrecken aushalten und sie in den ersten schweren Stunden begleiten. Die Einsatzszenarien sind unterschiedlich – Notfallseelsorger*innen begleiten die Polizei etwa bei der Überbringung von Todesnachrichten nach einem Unfall oder Suizid. Sie kümmern sich nach schweren Unfällen um Angehörige oder weitere Betroffene. Sie stehen auch den Helfern selbst zur Verfügung und bieten beispielsweise Einsatzkräften Nachgespräche an.

Wenn ein Mensch zu Hause stirbt und die Hinterbliebenen mit der Situation überfordert sind, stehen die Seelsorger*innen ihnen zur Seite: „In Trauerfällen ist es meist nicht gut, wenn ein Mensch alleine ist. Aber es hängt ja auch von der Tageszeit und der jeweiligen Situation ab, wie schnell Partner, Kinder, Freunde oder Nachbarn dazu kommen und trösten können. Wir sind da, um die Zeit zwischen Rettungsdienst und sozialem Netz zu überbrücken und mit den Hinterblieben den ersten Schock zu überwinden“, erklärt David Peter. „Das ist eine wichtige, aber auch zeitintensive Aufgabe. Darum freuen wir uns sehr über die Unterstützung durch Ursula Krafeld und Eike Wieting.“

Wie alle anderen Notfallseelsorger*innen haben auch die beiden Frauen ab sofort immer einen Notfallrucksack dabei. Er ist gefüllt mit Traubenzucker, Gummibärchen, Keksen, Zigaretten und Spielzeug für Kinder. Dinge, die man im Einsatz meist gut gebrauchen kann. Natürlich ist eine wichtige Regel bei dieser Tätigkeit, auch gut auf sich selbst zu achten. Das wissen Eike Wieting und Ursua Krafeld: „Eine regelmäßige Supervision, um das Erlebte verarbeiten zu können ist unerlässlich.“

Thorsten Runge