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Generalkonvent in Syke mit 156 Pastoren

Nachricht Syke, 07. Oktober 2010
Professorin Dr. Isolde Karle
Die Bochumer Professorin Dr. Isolde Karle (rechts) sprach beim Generalkonvent im Rathaus Syke über Selbstbestimmung von Pastoren, auf Einladung von Landessuperintendent Dr. Burghard Krause (vorne Mitte). Die Predigt im Abschlussgottesdienst hielt der frühere hiesige Landessuperintendent und jetzige geistliche Vizepräsident im Landeskirchenamt Arend de Vries (links vorne). Foto: Gunnar Schulz-Achelis

Eine so hohe „Pastorendichte“ gab es selten in Syke: Am Mittwoch sind 156 evangelische Pastorinnen und Pastoren aus dem Sprengel Osnabrück zu ihren jährlichen Generalkonvent in die Hachestadt gekommen, hörten und diskutierten eine Vortrag über die Freiheit und Selbstbestimmung von Pastoren, vertieften das Thema in sieben Arbeitsgruppen, hörten aktuelle Trends in der Landeskirche und feierten am Schluss gemeinsamen einen Abendmahlsgottesdienst in der Christuskirche. Einmal im Jahr lädt Landessuperintendent Dr. Burghard Krause alle „seine“ Pastoren von Weyhe bis nach Bad Rothenfelde, also aus dem Landkreisen Osnabrück und Diepholz, ein und der hiesige Kirchenkreis Syke-Hoya war turnusgemäß Ausrichter der Tagesveranstaltung.

Das Hauptreferat hielt die Bochumer Theologieprofessorin Dr. Isolde Karle über „Pastoren unter Druck“. Sie kritisiert einen zunehmenden Steigerungs- und Optimierungsdruck mit Qualitätskontrollen seitens der Kirchenleitung. Auch träten in letzter Zeit die Inhalte oft hinter einer Kundenorientierung in den Hintergrund und es gäbe eine Tendenz in der evangelische Kirche, Hierarchie und Zentralisierung auszubauen. Dies solle dazu dienen, dass sie besser funktioniere und organisiert ist. Andererseits wird von der Kirche das „ganz Andere“, Jenseitige erwartet und Widerstand gegen Rationalisierung und Ökonomisierung.

„Über dies wird das Individuum als ein Kompetenzbündel von nahezu unbegrenzter Lernfähigkeit vorgestellt“ sagt Karle unter dem Gelächter ihrer Zuhörer. Die Antreiberpraxis wirke kontraproduktiv. Zudem wisse der glaubende Mensch um seine Geschöpflichkeit und Endlichkeit. Es bedürfe eines grundlegenden Vertrauens der Kirchenleitung in ihre Pastoren. Diese müssten aber selbst „Verantwortung für die eigene Berufsgestaltung und -zufriedenheit“ übernehmen. Dies gelte auch besonders für Pastorinnen, die oft Stellenteilung mit ihrem Pastoren-Ehemann bevorzugen und Teilzeitstellen, um sich auch um die Kinder kümmern zu können. Sie büßten dadurch Gestaltungsspielräume ein und würden dadurch wieder unzufrieden. „Burnout ist nicht unbedingt das Resultat von viel Arbeit, sondern vor allem von Entidentifikation“.

In der anschließenden Diskussion beklagten einige Pastoren, dass durch Strukturreformen zu große Einheiten geschaffen würden und Identifikation – zum Beispiel mit einem Kirchenkreis– verloren gehen könnte. Ein Pastor witterte hinter den Ideen Karles ein ganz altes Pastorenbild und mehrere Pastoren vermissten ein Alternativ-Vorschlag. Karle meinte, die Organisation „Kirche“ beschäftige sich zu sehr mit Nebensächlichkeiten. Pastoren müssten sich auf ihre geistliche Aufgaben konzentrieren dürfen, und dort relativ autonom entscheiden. Andere Aufgaben sollten im Absprache mit dem Kirchenvorstand wirklich delegiert werden.

In sieben Arbeitsgruppen diskutierten auf der Basis des Vortrages die Pastorinnen und Pastoren vor allem über ihre Rolle als Mann und Frau im Pfarramt, etwa über weibliche und männliche Tugenden und Laster, über Predigt und Personalentwicklung.

Am Nachmittag begrüßte Sykes Bürgermeister Dr. Harald Behrens die Pastoren in „seinem Rathaus“. Ein Podiumsgespräch moderierte der Syker Superintendent Dr. Jörn-Michael Schröder. Der geistliche Vizepräsident im Landeskirchenamt Arend de Vries meinte, es gäbe keine Sonderethik für Pastoren, aber Ethik und der eigener Lebensführung komme eine besondere Bedeutung zu. Die für Pastoren zuständige Oberlandeskirchenrätin Dr. Nicola Wendebourg sagte zu, bei Berufskrisen nicht nur die Lösung für den einzelnen Betroffenen zu suchen, sondern auch die Strukturen zu beleuchten, die zu der Krise führten. Pastor Tilman Kingreen stellte sich als neuer Personalentwickler im Landeskirchenamt vor: Die Gespräche mit ihm dienten der Standortbestimmung und Potenzialanalyse und seien streng vertraulich. Pastor Wolfgang Gerdes vom Pastorenausschuss beklagte, dass Berufsanfänger durch Bewertungsbögen erheblich unter Druck geraten würden. Landessuperintendent Dr. Burghard Krause warb für Glaubenskurse, die möglichst zu einem verlässlichen und ortsnahen Regelangebot werden sollten, weil sie Menschen ansprechen, die keine positive Bindung zur Kirche haben. Im Rahmen des bundesweiten Kampagne zu diesem Thema im kommenden Jahr gebe es sehr gute Materialien und Schulungen.

Den Abendmahlsgottesdienst zum Abschluss des Generalkonventes gestalteten Pastoren des hiesigen Gastgeber-Kirchenkreises unter Leitung von der stellvertretenden Superintendentin Cornelia Harms.

Gunnar Schulz-Achelis