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Abgrenzen ohne zu verletzen

Nachricht Neubruchhausen, 17. September 2013
2013-09-17KFTreffen
„Kann ich mich abgrenzen ohne zu verletzen?“ war das Thema beim Kreisfrauentreffen am Montag in Neubruchhausen, zu dem Elisabeth Früchtenicht (2. von links) Annelie aus der Wiesche (2. von rechts) eingeladen hatte. Früchtenicht wurde von Gertraut Bolte aus Twistringen (links) und Heide Meyer aus Bruchhausen-Vilsen (rechts) unterstützt. Foto: Gunnar Schulz-Achelis

„Wie kann ich mich abgrenzen ohne zu verletzen?“ war das lebensnahe Thema beim diesjährigen Kreisfrauentreffen im evangelischen Kirchenkreis Syke-Hoya. Auf Einladung von der Kreisfrauenbeauftragten Elisabeth Früchtenicht waren rund 150 Frauen von Eystrup bis Harpstedt, von Weyhe bis Sudwalde nach Neubruchhausen gekommen, um das Referat von der Sozialarbeiterin Annelie aus der Wiesche aus Mülheim an der Ruhr zu hören. An den angeregten Gesprächen war zu merken, dass die 62-Jährige den Nerv der Frauen getroffen hatte. Sie ermutigte ihre Zuhörerinnen zu innerer Gelassenheit, persönlicher Sicherheit und Selbstvertrauen.

„Ich möchte einfach nur hier sitzen“. Dieser immer wiederholte Satz von „Hermann“ aus dem bekannten Loriot-Sketch sorgte zu Beginn für Heiterkeit und führte zugleich mitten ins Thema. Nachdem der Sketch als projizierter Film gezeigt worden war, meinte aus der Wiesche, dass Hermann seine Grenzen nicht deutlich setze, wenn er nur auf die zahlreiche Vorschläge seiner Frau immer nur mit diesem Satz antworte.
Aus der Wiesche führte Situationen drastischer Grenzüberschreitungen vor Augen: Die Mutter ruft langatmig an obwohl die Tochter gerade in Zeitnot ist – dies der Mutter aber nicht sagt. Die Nachbarin oder Schwiegermutter steht plötzlich im unaufgeräumten Wohnzimmer. Abgrenzung falle in der Regel am schwersten in der Familie. „Unsere Kinder haben die besseren Nerven“, weil sie immer wieder nachfragen, wenn sie etwas wollen. Die Formel für Misserfolg sei: „Versuchen Sie es jedem Recht zu machen“. Gerade Frauen machten ein Kompromiss oft schon vorher im Kopf, bevor sie sich überhaupt äußern. Viele Mitmenschen wollten ihre Rucksack anderen aufladen und nutzen dabei auch das Lob als Manipulation. Aus der Wiesche riet: „Unterschätzen sie in bestimmten Situationen ihr Bauchgefühl nicht.“ Wenn man sich selbst ein „Nein“ zugestehe, sie man auch eher bereit, von seinem Gegenüber ein „Nein“ zu akzeptieren.
Wem schon als Kind immer wieder der Willen gebrochen wurde, kann später selbst schlecht Grenzen setzen und sucht nach Anerkennung. Manche Mütter binden ihre Töchter an sich, und sei es beispielsweise, indem sie sie einbestellen, um sich die Haare machen zu lassen. „Verdienen können wir uns die Liebe unserer Eltern nicht. Die Erkenntnis schmerzt. Wenn wir unseren Groll gegen die Eltern nicht aufgeben, haben wir die Last, nicht die Eltern“ so aus der Wiesche.  
Seien Eltern pflegebedürftig, müsse dies auch leistbar sein. „Man kann nicht das ganze Leben dafür aufgeben.“ Aus der Wiesche regte an, ob die Älteren nicht Netzwerke knüpfen können ohne die Kinder, zum Beispiel als Wohngemeinschaft.
Nicht jeder Anspruch von andern an mich müsse nun im Keim erstickt werden, so aus der Wiesche weiter. Sondern all dies sei ein Balanceakt und man müsse Kompromisse eingehen, sich aber nicht auch noch selbst Druck machen. „Ich muss auch mir selbst sagen, dass ich nicht immer alles tiptop in Ordnung haben kann.“ Sie selbst kaufe jetzt auch mal Torten, wenn die Zeit vor einem Besuch nicht reiche.
Der Referentin geht es um einen angemessenen Umgang mit einander. Ein „Nein“ müsse nicht schroff formuliert sein, aber werde mit entsprechender Körperhaltung, deutlicher Stimme und dem Gegenüber fest in die Augen sehen sicher verstanden. Ein freundliches „Nein“ könne man vor dem Spiegel üben und man muss mit den Konsequenzen leben. Bei Widerständen seien Ehepartner und Freunde eine unheimliche Hilfe. Und für sich selber konnte aus der Wiesche auch sagen: „Mein Glaube an Gott und vertrauen auf seinen Beistand sind für mich eine große Hilfe.“  Jesus respektiere meine Grenzen, möchte aber gerne zu mir. Seine einzige Bedingung sei, „ dass ich ihm vertraue. Seine vorbehaltlose Liebe macht mich sicher. Die Bibel macht Gott groß ohne Menschen klein zu machen“.
Die Referentin erinnerte an das Jesuswort: „Du sollst Gott deinen Herrn von ganzen Herzen lieben und deinen Nächsten wie dich selbst.
Zum Auftakt hatte Superintendent Dr. Jörn-Michael Schröder die Frauen mit der Mannschaft auf der Arche Noah verglichen und hatte ihnen im Namen des Kirchenkreises gedankt, dass sie mit ihren Fähigkeiten und auch Fehlern die örtliche Gemeindearbeit aktiv mitgestalten.
Marlis Winkler, Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes, kündigte die Kollekte an: Sie ist bestimmt für die Einzelfallhilfe bei Mütter- und Mutter-Kind-Kuren, die vom Diakonischen Werk in Syke und Hoya aus vermittelt werden und erbrachte 374 Euro.   

Gunnar Schulz-Achelis