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„Das ist hier ja nicht die ,große Kopp-Show’“

Nachricht Syke, 24. März 2021

Christian Kopp seit zehn Jahren Pastor in Syke

Hoch hinaus: Pastor Christian Kopp ist für jeden Spaß zu haben. Für den guten Zweck klettert er auch schon mal am Kirchturm hoch. Foto: Andy Wackert

„Was mache ich hier eigentlich?“ Das fragt sich Christian Kopp nicht nur, als er am Kirchturm an der Christuskirche in Syke hochklettert. Wettschulden einlösen, das macht er. Für den guten Zweck. Was sonst. Der bislang spektakulärste Einsatz des Pastors. Seit zehn Jahren ist er nun in Syke im Amt. Grund, um zurückzublicken. Und nach vorn.

Heute kennt ihn fast jeder in der Stadt, spätestens nach der Kletteraktion am 2. Advent 2019. Kamerateams, die lokale, regionale und überregionale Presse berichten über Christian Kopps Weg nach oben. Am Anfang seiner Zeit in Syke unterstellt man dem jungen Pastor noch Diebstahl. „Als ich einmal mit dem Taufbecken aus der Kirche heraus über den Parkplatz lief, wurde ich von einer älteren Dame angesprochen, was ich denn da wohl machen würde.“ Christian Kopp kann die Angelegenheit klären: „Ich habe mich der Dame vorgestellt – ich bin der neue Pastor.“ Das passiert ihm heute nicht mehr. Die Menschen kennen ihren Pastor, der schon viele Jobs hatte, bevor er seinen Dienst vor zehn Jahren in Syke angetreten hat. „Während der Schulferien habe ich als Elektrikergehilfe auf dem Bau gearbeitet“, erinnert sich der Pastor. Und er sortiert Müll. „Damals habe ich Plastikmüll und Altpapier getrennt“, erinnert sich der heute 43-Jährige. Er sagt, über Müll lernt man die Gesellschaft kennen. „Müll ist erst einmal ungefiltert und zeigt, wie wir sind. Was da alles auftaucht: Landser-Hefte, Sex-Hefte - das volle Programm.“

Besonders in Erinnerung geblieben ist Christian Kopp allerdings sein Job bei McDonald’s. „Das hat mir Einsichten in unsere Gesellschaft gegeben, die ich nicht missen möchte“, sagt der Pastor. „Bei McDonald’s kommen Menschen aus ganz unterschiedlichen Ländern zusammen. Ich habe dort mit einem Menschen aus Afghanistan gearbeitet, der vor den Taliban geflohen war, weil diese ihn beim Musikhören erwischt hatten. Das war lange bevor man hierzulande etwas über die Taliban in den Medien erfahren hat“, erzählt Christian Kopp. Er erinnert sich gern an die Zeit, an die Gespräche, die Begegnungen. Der Pastor berichtet von dieser Zeit mit einem Leuchten in den Augen, während die FFP2-Maske den Großteil seines Gesichts verbirgt. Warum all die verschiedenen Jobs? „Neugier in vielen Bereichen“, sagt Christian Kopp. „Es war die Freude, verschiedene Bereiche kennenzulernen. Aber natürlich auch die Not, Geld verdienen zu müssen.“

Im Anschluss an die Jobs kommt das Studium. Drei Sprachen muss der Student Christian Kopp lernen: Latein, Altgriechisch und Hebräisch. „In der Schule hatte ich Französisch, damit konnte ich im Studium wenig anfangen. Aber wenn meine Frau und ich Urlaub in der Bretagne machen, dann kann ich Französisch noch gebrauchen.“ Für ein Auslandssemester in Prag lernt Christian Kopp auch noch Tschechisch. Und als ob das nicht schon genug ist, muss der angehende Pastor für seine Doktorarbeit auch noch Dänisch lernen: „Ich habe über den dänischen Theologen Søren Kierkegaard promoviert. Sein Werk war damals nur etwa zur Hälfte ins Deutsche übersetzt. Da habe ich mich auch gefragt: ,Was mache ich hier eigentlich?´“ Das Ergebnis der Mühen ist eine 650 Seiten dicke Doktorarbeit. Während dieser Zeit ist Christian Kopp bereits verheiratet. „In jeder freien Minute habe ich an der Arbeit geschrieben. Meine Frau hat viel Verständnis aufgebracht.“

Seine Frau ist übrigens auch der Grund, warum Christian Kopp dort ist, wo er ist: in Syke. Ehefrau Katja Hedel ist ebenfalls Pastorin - gleich nebenan in Barrien. Sie kommt 2006 in die Region, macht ihr Vikariat in Brinkum. „Das war ihre erste Stelle im Kirchenkreis“, erinnert sich Christian Kopp. Er kommt 2009 nach - zum Vikariat nach Weyhe. „Wer bei einem Pastorenpaar zuerst eine Stelle findet - dort geht es hin,“ erklärt Christian Kopp. Seitdem sind die beiden der Region treu. Kennengelernt haben sich die beiden 1998 während des Studiums an der Theologischen Fakultät der Uni Marburg. Seit 13 Jahren sind die beiden verheiratet. Tochter Ida ist im Februar drei Jahre alt geworden.

An seine zehn Jahre als Pastor in Syke hat Christian viele gute Erinnerungen. „Es gab viele schöne Erlebnisse hier.“ Und mit was können die Menschen als nächstes rechnen, geht’s demnächst mal wieder rauf auf den Kirchturm? „Meine Beine haben bei der Aktion ganz schön gebrannt - das war eine harte körperliche Anstrengung. Ich bin überhaupt kein Klettermaxe“, sagt Christian Kopp und ergänzt, dass schon noch was kommen wird, aber: „Das ist hier ja nicht die ,große Kopp-Show’. Er legt den Schwerpunkt vielmehr auf die Gemeinschaft und die Zusammenarbeit im kirchlichen Leben: „Und als Kirche müssen wir mehr rausgehen zu den Menschen - zum Beispiel Gottesdienste mit einer aufblasbaren Kirche in einem Garten. Es wäre schön, wenn wir noch mehr zusammen ein gesundes Miteinander hinbekommen.“